Buddhismus und Hirnforschung – Wie wirkt Meditation / Podiumsdiskussion mit Lama Ole Nydahl, Prof. Dr. Andreas K. Engel, Dr. Peter Malinowski und Mag. Guido Czeija
− Lama Ole Nydahl – Osterkurs in Bochum
− 1. April 2010 – 19.30 Uhr
− Podiumsdiskussion mit Lama Ole Nydahl, Prof. Dr. Andreas K. Engel, Dr. Peter Malinowski und Mag. Guido Czeija
− Im Audimax
„Alle Wesen wollen Leid vermeiden und dauerhaftes Glück erfahren.“ Diese Feststellung des historischen Buddha Shakyamuni ist nun ca. 2500 Jahre alt – und heute noch genauso aktuell wie damals. Seine Einsichten und sein Verständnis von der letztendlichen Natur des Geistes hatte der Buddha durch die tiefgründige Betrachtung der Dinge von innen heraus, also durch Meditation, erlangt. In den vergangenen 25 Jahrhunderten haben Buddhisten aller Schulen und Richtungen diese Einsichten durch intensive, „empirische Forschungen“ bestätigt. Ihre zentrale Methode war dabei stets: die Meditation.
Westliche Psychologen begannen dagegen erst im 19. Jahrhundert mit der systematischen Erforschung des Geistes. Die ersten „objektiven“ Forschungsergebnisse zu den Arbeitsweisen des Gehirns sind zwar ebenfalls schon 150 Jahre alt, besonders in den Anfangsjahren war der Versuch, von außen einen Zugang zu den Abläufen im Geist zu finden, nur selten von Erfolg gekrönt. In den letzten Jahren ist die Hirnforschung jedoch sehr weit fortgeschritten. Mit Hilfe moderner technischer Geräte, wie der Kernspintomografie, dem EEG und anderen Mitteln können heute Hirnaktivitäten sehr genau lokalisiert, gemessen und dargestellt werden.
Erstaunlicherweise nähern sich die Erkenntnisse der Neurowissenschaften sehr häufig den Erkenntnissen des Buddha an. Diese Ähnlichkeiten können Wissenschaftler gut als Inspiration verwenden. Für Buddhisten sind die Erkenntnisse der Forschung oft eine klare Bestätigung der vorher erlernten und erfahrenen Weisheiten. So können Wissenschaft und Buddhismus einander von großer Inspiration und Nutzen sein.
Was geschieht im Gehirn eines Buddhisten, wenn er meditiert?
Meditation beruht auf Konzentration, jedoch nimmt sie eine andere Richtung als wir sie Alltag gemeinhin kennen. Wenn der Meditierende in der Lage ist, den Geist unabgelenkt und mit hoher Konzentration in einem ausgeglichenen, ruhig verweilenden und gleichzeitig völlig klaren Zustand zu belassen, dann tritt das Erlebte mehr und mehr in den Hintergrund. Tiefe Einsicht entsteht, wenn der Geist nicht mehr in seinen Bildern gefangen ist, sondern sich selbst erlebt: Man ist bewusst, ohne sich einer Sache bewusst zu sein!
Müsste man solche Zustände höchster Zufriedenheit, Freude oder gar Erleuchtung nicht auch mittels moderner Untersuchungsmethoden im Gehirn objektiv nachvollziehen können?
Diese Frage beschäftigte immer mehr Wissenschaftler. In den 1990er Jahren gelang es ihnen erstmals mit spannenden Experimenten deutliche Zusammenhänge zwischen der Meditation und nachhaltigen Veränderung im Gehirn und dem Verhalten der Menschen nachzuweisen.
Der Forscher Richard Davidson leistete dazu einen großen Beitrag. Bei acht meditationserfahrenen buddhistischen Mönchen (10 000 bis 50 000 Stunden Meditation) wurde die Hirnaktivität während der Meditation gemessen. Zum Vergleich dienten Studenten, die lediglich eine Woche Training in Meditation hinter sich hatten.
Davidson fand heraus, dass sich erfolgreich Meditierende zum Beispiel während der Meditation kaum mehr aus der Ruhe bringen lassen, selbst wenn von außen ein lautes Geräusch oder ein Knall ertönt. Sogar ein normalerweise automatisch einsetzender Schreckreflex ihres Augenlids bleibt dann aus. Bei den Mönchen konnte er auch eine erhöhte elektrische Aktivität im linken Stirnlappen nachweisen, einer Hirnregion, die Empfindungen wie Liebe, Freude und Zufriedenheit verarbeitet. Zumindest im fortgeschrittenen Stadium scheint Meditieren also starke Glücksgefühle auszulösen. Zudem wurde bei den Mönchen ein überdurchschnittlicher Anstieg von so genannten Gammawellen festgestellt. Diese hochfrequenten Gammawellen stehen für erhöhte Aufmerksamkeit und Konzentration. In der Regel trifft man nur sehr selten auf eine solche Gammaaktivität, denn diese Wellen treten normalerweise nur in vereinzelten Gehirnarealen und kurz auf. Bei den Mönchen jedoch waren sehr viele Gehirnregionen davon dauerhaft betroffen. Somit war auch nach der Meditation die Aktivität der Gammawellen im Gehirn der Mönche deutlich intensiver, als bei der Vergleichsgruppe. Regelmäßige Meditation hinterlässt also dauerhafte neuronale Spuren im Gehirn.
Da die „Verschaltungen“ im Gehirn nicht fixiert sind, kann also durch regelmäßige Meditationspraxis Veränderung stattfinden. Ist dauerhaftes Glück also erlernbar? Diese Frage lässt sich – trotz allen technischen Fortschritts – bis auf weiteres nur durch eigene Meditationserfahrung beantworten.
Literatur
Nydahl, O. (1998). Das große Siegel. Die Mahamudra- Sichtweise des Diamantweg- Buddhismus. Sulzberg: Joy.
Nydahl, O. (1994). Wie die Dinge sind. Sulzberg: Joy
Nydahl, O. (2005). Buddhismus heute, Heft 39. Buddhismus und Wissenschaft
Singer, W. Und Ricard, M (2008). Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog. Suhrkamp
Herschkowitz, N. (2007). Was Stimmt? Das Gehirn. Die wichtigsten Antworten. Herder Spektrum
Spitzer, M. (2008). DVD Serie. Geist & Gehirn. Auditorium- Netzwerk
Migyur Rinpoche. (). Buddha und die Wissenschaft vom Glück. Goldmanns Taschenbücher
Ricard, M. (2009) Meditation. Nymphenburger
www.buddhismus-heute.de/archive.issue__39.position__4.de.html
Kernspin im Nirwana. Die Zeit, 31. Januar 2008
Buddha on the Brain, Wired 14.02, Februar 2006
Buddhismus im Labortest. – Interview mit dem Physiker und Buddhisten Alan Wallace, Die Zeit, 15. März 2007
Richard Davidson: https://psyphz.psych.wisc.edu/